In Deutschland zeichnet sich ein besorgniserregender Trend ab: Das Sterben der Hausverwaltungen. Die Zahl professioneller Verwalter nimmt kontinuierlich ab, was Eigentümergemeinschaften vor große Herausforderungen stellt. Besonders akut wird das Problem durch die steigenden Anforderungen an energetische Sanierungen und andere gesetzliche Vorgaben. Ohne professionelle Unterstützung wird es für viele Eigentümer schwierig, notwendige Maßnahmen rechtzeitig umzusetzen. Doch Eigentümer können aktiv werden und verschiedene Strategien entwickeln, um ihre Immobilien selbst zu verwalten.
Die aktuelle Lage
Die Zahl der Hausverwaltungen hat in den letzten vier Jahren deutlich abgenommen. Laut dem Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V. (VDIV) sank die Anzahl der Verwalter von 24.300 auf unter 22.000. Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig: Der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs, die steigende Komplexität der Anforderungen durch neue Gesetze und die wachsende Arbeitsbelastung. Insbesondere kleinere Eigentümergemeinschaften stehen nun vor dem Problem, keine Verwalter zu finden und müssen nach Alternativen suchen.
Wie Eigentümer ohne Hausverwalter navigieren können
Um ohne professionelle Hausverwalter erfolgreich zu sein, haben Eigentümer mehrere Optionen. Hier sind einige Strategien zur Selbstverwaltung:
1. Eigentümerversammlung und Kommunikation
Die Organisation und Durchführung von Eigentümerversammlungen sowie die interne Kommunikation sind zentrale Aufgaben.
Tipps:
- Regelmäßige Treffen: Planen Sie regelmäßige Eigentümerversammlungen, mindestens zweimal jährlich, um wichtige Entscheidungen zu treffen und Informationen auszutauschen.
- Virtuelle Meetings: Nutzen Sie Videokonferenz-Tools wie Zoom oder Microsoft Teams, um auch kurzfristig und flexibel kommunizieren zu können.
- Digitale Plattformen: Verwenden Sie Projektmanagement-Tools (z.B. Trello, Asana) oder Gruppen in Messaging-Apps (WhatsApp, Signal), um Informationen zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und Fortschritte zu verfolgen.
2. Finanzverwaltung
Eine ordnungsgemäße Finanzverwaltung ist entscheidend für das Wohl einer Immobilie. Dazu gehören die Instandhaltungsrücklage, Betriebskostenabrechnungen und die Überwachung von Zahlungseingängen und -ausgaben.
Tipps:
- Gemeinschaftskonto: Eröffnen Sie ein Bankkonto, das exklusiv für die Verwaltung der gemeinschaftlichen Finanzen verwendet wird.
- Buchhaltungssoftware: Nutzen Sie Buchhaltungsprogramme (z.B. Lexware, WISO Hausverwalter), um Einnahmen und Ausgaben zu dokumentieren und Abrechnungen zu erstellen.
- Transparenz: Stellen Sie sicher, dass alle Eigentümer regelmäßig über den finanziellen Status informiert werden, um Vertrauen und Transparenz zu schaffen.
3. Technische Verwaltung und Instandhaltung
Die technische Verwaltung umfasst die Wartung und Reparatur von Gebäuden sowie die Koordination mit Handwerkern und Dienstleistern.
Tipps:
- Instandhaltungsplan: Erstellen Sie einen detaillierten Plan für regelmäßige Wartungsarbeiten und notwendige Reparaturen.
- Handwerker- und Dienstleisternetzwerk: Erstellen Sie eine Liste vertrauenswürdiger Handwerker und Dienstleister, mit denen Sie bereits gute Erfahrungen gemacht haben.
- Bereitschaftsdienst: Organisieren Sie einen rotierenden Bereitschaftsdienst unter den Eigentümern für Notfälle außerhalb der normalen Arbeitszeiten.
4. Rechtskonformität und Versicherungsschutz
Eigentümer müssen sicherstellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden und dass die Immobilie ausreichend versichert ist.
Tipps:
- Rechtsberatung: Konsultieren Sie regelmäßig einen Anwalt, der auf Immobilienrecht spezialisiert ist, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Verpflichtungen eingehalten werden.
- Versicherung: Stellen Sie sicher, dass die Immobilie ausreichend gegen Schäden und Haftpflichtansprüche versichert ist. Prüfen und aktualisieren Sie regelmäßig Ihre Versicherungen.
5. Dokumentation und Archivierung
Eine gute Dokumentation erleichtert die Verwaltung und steigert die Transparenz gegenüber den Eigentümern.
Tipps:
- Digitales Archiv: Nutzen Sie Cloud-basierte Dokumentenmanagementsysteme (z.B. Google Drive, Dropbox), um alle wichtigen Dokumente zentral und sicher zu speichern.
- Ordnungssystem: Entwickeln Sie ein systematisches Ordnungssystem, um Verträge, Abrechnungen, Protokolle und andere wichtige Dokumente leicht zugänglich zu machen.
6. Energetische Sanierung und Modernisierung
Im Zuge der Klimaschutzmaßnahmen und steigender Energiepreise sind Modernisierungen und energetische Sanierungen sinnvoll und häufig erforderlich.
Tipps:
- Energieberatung: Lassen Sie sich von einem Energieberater (z.B. durch die Verbraucherzentralen oder unabhängige Berater) unterstützen, um effiziente Lösungen zu planen und Fördermöglichkeiten auszuschöpfen.
- Fördermittel: Informieren Sie sich über regionale und nationale Förderprogramme für energetische Sanierungen (z.B. KfW-Förderungen).
- Projektplanung: Erstellen Sie gemeinsam mit den Eigentümern einen Sanierungsfahrplan und verteilen Sie Aufgaben klar und transparent.
7. Schulung und Weiterbildung
Sich im Immobilienmanagement weiterzubilden, kann das Wissen und die Fähigkeiten der Eigentümergemeinschaft erheblich verbessern.
Tipps:
- Seminare und Webinare: Nehmen Sie an Schulungen und Fortbildungsprogrammen teil, die von Immobilienverbänden oder Bildungseinrichtungen angeboten werden.
- Fachliteratur: Lesen Sie Fachbücher und abonnieren Sie einschlägige Fachzeitschriften, um auf dem Laufenden zu bleiben.
- Netzwerk: Treten Sie einem Netzwerk oder Forum für Wohnungseigentümer bei, um von den Erfahrungen anderer zu lernen und sich auszutauschen.
Beispiele erfolgreicher Selbstverwaltung
Die Herausforderungen der Selbstverwaltung können durch best-practice-Beispiele aus der Praxis verdeutlicht und veranschaulicht werden:
- Münchener Eigentümergemeinschaft „Sonnenhof“: Die „Sonnenhof“-Gemeinschaft in München hat bereits vor fünf Jahren den Schritt in die Selbstverwaltung gewagt. Durch den Einsatz einer Kombination aus digitalen Tools und Eigeninitiative der Mitglieder haben sie es geschafft, alle notwendigen Aufgaben zu bewältigen. Sie nutzen eine Plattform zur Aufgaben- und Terminverwaltung und haben einen rotierenden Dienstplan für Notfälle eingerichtet. Ergebnis: Effizienzsteigerung und Kosteneinsparungen ohne Qualitätsverlust.
- Berliner Wohnprojekt „Grüner Kiez“: Dieses gemeinschaftsorientierte Wohnprojekt in Berlin hat durch gezielte Schulungen und Weiterbildung seiner Mitglieder alle nötigen Kompetenzen aufgebaut, um ihre Immobilie selbst zu verwalten. Zweimal jährlich werden Workshops zu verschiedenen Themen wie Buchhaltung, rechtliche Grundlagen und technische Instandhaltung angeboten. Diese Investition in Wissen und Fähigkeiten hat sich ausgezahlt: Das Projekt läuft reibungslos und die Zufriedenheit der Bewohner ist hoch.
- Kölner Eigentümergemeinschaft „Rheinblick“: Im Zuge des Rückzugs ihrer bisherigen Hausverwaltung hat die Eigentümergemeinschaft „Rheinblick“ in Köln beschlossen, auf ein hybrides Modell umzusteigen. Sie haben einige Aufgaben an externe Dienstleister ausgelagert (z.B. Buchhaltung, technische Wartung), während sie die restlichen Tätigkeiten intern verteilen. Dieses Modell erlaubt ihnen eine flexible und kosteneffiziente Lösung, ohne auf professionelle Unterstützung zu verzichten.
Fazit
Das Aussterben der Hausverwalter zwingt Eigentümergemeinschaften dazu, nach Alternativen zu suchen und selbst die Zügel in die Hand zu nehmen. Selbstverwaltung kann anfangs eine Herausforderung sein, bietet aber auch die Möglichkeit, direkte Kontrolle über den eigenen Wohnraum zu behalten und Kosten zu sparen. Durch sorgfältige Planung, klare Kommunikation, die Nutzung moderner Technologien und die Bereitschaft zur Weiterbildung können Eigentümergemeinschaften ohne einen professionellen Hausverwalter erfolgreich navigieren. Die Zusammenarbeit und das gemeinsame Engagement der Eigentümer sind dabei der Schlüssel zum Erfolg. Die dargestellten Beispiele zeigen, dass es möglich ist – selbst unter den derzeit schwierigen Umständen – gemeinschaftlich eine erfolgreiche Selbstverwaltung zu etablieren.
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