Die Neue Wohngemeinnützigkeit: Hilft sie wirklich gegen Wohnraummangel?

Neue Wohngemeinnützigkeit

Steigende Mietpreise und akuter Wohnraummangel sind zwei der drängendsten Probleme unserer Zeit. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Einführung einer Neuen Wohngemeinnützigkeit (NWG) vereinbart. Mit dem Kabinettbeschluss vom 5. Juni 2024 zum Jahressteuergesetz wird diese Vereinbarung nun durch Änderungen in der Abgabenordnung umgesetzt, ein bedeutender Schritt zur Schaffung dauerhaft bezahlbaren Wohnraums.

Ein Fundament für sozialen Wohnraum

Die Neue Wohngemeinnützigkeit zielt darauf ab, neben dem sozialen Wohnungsbau einen stabilen und langfristig bezahlbaren Wohnraumsektor aufzubauen. Sozial orientierte Unternehmen, Vereine und Stiftungen sollen künftig vergünstigten Wohnraum anbieten können. Um dies attraktiv zu gestalten, erhalten diese Anbieter umfassende Steuererleichterungen. Voraussetzung dafür ist, dass die angebotenen Mieten unter den marktüblichen Preisen liegen.

Drei Säulen für mehr bezahlbaren Wohnraum

Mit der Einführung der NWG etabliert die Bundesregierung ein neues unternehmerisches Segment im Wohnungsmarkt, das auf drei Säulen basiert:

Sozialwohnungsbau: Angebot von sozial gebundenem Wohnraum.

Neue Wohngemeinnützigkeit: Langfristig bezahlbarer Wohnraum zusätzlich zum Sozialwohnungsbau.

Vielfältige Förderkulissen: Unterstützung durch verschiedene Förderprogramme des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB).

Rechtliche Anpassungen und steuerliche Anreize

Die Anpassung des Gemeinnützigkeitsrechts im Jahressteuergesetz 2024 ermöglicht es sozial orientierten Unternehmen, steuerliche Begünstigungen in Anspruch zu nehmen. Diese Begünstigungen umfassen Befreiungen von der Körperschaft-, Gewerbe-, Grund- und Grunderwerbsteuer. Der neu eingeführte wohngemeinnützige Zweck fokussiert sich auf den Wohnungsbau, die Wohnungsmodernisierung und langfristigen Vermietung. Somit wird die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum als gemeinnütziger Zweck anerkannt.

Vorteile für soziale Unternehmen

Unternehmen, die sich für die NWG entscheiden, können auf eine Vielzahl von Vorteilen zugreifen. Sie sind rechtlich in der Lage, günstigeren Wohnraum anzubieten, und profitieren von steuerlichen Erleichterungen. Ein exemplarisches Wohnungsunternehmen mit einem Bestand von 1.000 Wohnungen könnte so signifikante Einsparungen bei der Abgabenlast erzielen und diese beispielsweise zur Mietpreissenkung oder für Bestandsinvestitionen verwenden.

Die Wohnungsgemeinnützigkeit gab es schon einmal

Interessanterweise ist die Idee der Wohnungsgemeinnützigkeit nicht neu. Bereits bis 1990 gab es in Deutschland eine ähnliche Regelung, die jedoch abgeschafft wurde. In dieser Zeit stand die Wohnungsgemeinnützigkeit für steuerliche Erleichterungen für Wohnungsunternehmen, die dauerhaft günstigen Wohnraum für Haushalte mit begrenztem Einkommen bereitstellten. Diese Unternehmen profitierten von Befreiungen unter anderem von der Körperschafts-, Gewerbe- und Grundsteuer. Dabei war die Geschäftstätigkeit auf Bau, Bewirtschaftung und Verkauf von Wohnungen begrenzt, und die Mietpreise wurden gedeckelt, um sie bezahlbar zu halten. Zudem mussten erzielte Gewinne größtenteils wieder in den Wohnungsbau reinvestiert werden.

Warum wurde sie abgeschafft?

Die Wohnungsgemeinnützigkeit geriet im Jahr 1988 durch den Skandal um die „Neue Heimat“, einen großen gemeinnützigen Wohnungsanbieter, in Misskredit. Infolgedessen wurde die Regelung zum 1. Januar 1990 abgeschafft. Heute, angesichts der Krise auf dem Wohnungsmarkt und dem Rückgang sozial gebundener Wohnungen, wird die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit als notwendige Maßnahme zur Stabilisierung der Wohnraumversorgung und zur Förderung sozialen Wohnens gesehen.

Kritische Stimmen zum neuen Gesetz

Trotz ihrer Vorteile bringt die Neue Wohngemeinnützigkeit auch Herausforderungen und Nachteile mit sich. Kritiker wie Prof. Dr. Ramón Sotelo von der Bauhaus-Universität Weimar argumentieren, dass diese wohnungspolitischen Instrumente ineffektiv und ineffizient sein könnten, um die erwünschten Ziele zu erreichen. Sie warnen vor einer Verwechslung von Angebot und Nachfrage und sehen eine Gefahr in der möglichen Verzerrung des Marktes.

Axel Gedaschko vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hebt hervor, dass eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit den qualitativen und diversifizierten Mietwohnungsmarkt in Deutschland beeinträchtigen könnte. Insbesondere die geplante Beschränkung auf die Vermietung an Haushalte unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze könnte monostrukturierte und möglicherweise stigmatisierte Quartiere schaffen.

Hilmar von Lojewski von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände betont, dass die NWG nicht das Problem des fehlenden Baulands löst und die Gefahr besteht, dass die Regelungen zu eingeschränkt und zu allgemein für die vielfältigen Bedürfnisse des Marktes sind. Auch die Immobilienwirtschaft steht der Wiedereinführung skeptisch gegenüber und sieht mehr Potenzial in der Schaffung von Bauland und flexibleren Förderstrukturen.

Hier findest du die vollständige Zusammenfassung der Pro- und Contra-Diskussion:

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw41-pa-bau-wohngemeinnuetzigkeit-794838

Zusammenfassend

Die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit (NWG) durch die Bundesregierung zielt darauf ab, langfristig bezahlbaren Wohnraum in Deutschland zu schaffen. Durch steuerliche Begünstigungen und rechtliche Anpassungen wird ein neuer, sozial orientierter Wohnungsmarkt geschaffen, der neben dem sozialen Wohnungsbau zusätzliche Stabilität verspricht. Obwohl die NWG zahlreiche Vorteile bietet, gibt es auch kritische Stimmen, die auf mögliche Ineffizienzen und negative Markteffekte hinweisen. Trotz dieser Herausforderungen bleibt die NWG ein bedeutender Schritt, um den dringenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland zu decken.

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