Mindesttemperatur in Wohnungen soll abgesenkt werden

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Wie kalt wird der nächste Winter für deutsche Mieter? Und wie teuer für Vermieter? Was passiert, wenn Russland die Erdgaslieferungen noch weiter reduziert und in Deutschland großflächig die Gasversorgung – und damit Heizungswärme und teilweise auch die Stromerzeugung – gefährdet ist? Immobilien- und Städteverbände fordern eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, um die bislang geltenden Vorgaben zur Mindesttemperatur in Mietwohnungen abzusenken. Mieterverbände widersprechen. Auch SPD-Bundesbauministerin Geywitz hat sich positioniert.

Seit über zwei Monaten gilt in Deutschland bereits die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine reduziert Russland die Lieferungen von Erdgas nach Europa aktuell noch weiter. Im Ernstfall könnte es im nächsten Winter also ziemlich kalt werden in deutschen Wohnungen. Mieter müssten sich buchstäblich warm anziehen – und Vermieter möglicherweise mit Mieteinbußen rechnen.

Absenkung der Mindesttemperatur in der Wohnung 

Denn bislang gilt, dass Vermieter verantwortlich dafür sind, dass in der Heizperiode von Oktober bis einschließlich April mindestens 20 Grad Lufttemperatur in der Mietwohnung erreicht werden. Bleiben die Raumtemperaturen unter dieser Mindesttemperatur, können Mieter eine Mietminderung verlangen und durchsetzen. Zahlreiche Gerichtsurteile bestätigen das.

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Bundesnetzagentur: Vorgaben für Vermieter ändern

Diese Vorgabe könnte jetzt per Gesetz geändert werden. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller ist dazu offenbar bereits in Gesprächen mit dem Gesetzgeber. Er sagte der Düsseldorfer Zeitung „Rheinische Post“ am 16. Juni: „Im Mietrecht gibt es Vorgaben, wonach der Vermieter die Heizungsanlage während der Heizperiode so einstellen muss, dass eine Mindesttemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht wird. Der Staat könnte die Vorgaben für Vermieter zeitweise senken. Darüber diskutieren wir mit der Politik.“

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Klaus Müller

Habeck will notfalls Gesetze ändern

Das bestätigte Bundeswirtschaftsminister Habeck am gleichen Tag in den ARD-Tagesthemen. „Wenn die Speichermengen nicht zunehmen, dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen“, sagte der Grünen-Politiker. Auf die Nachfrage, ob das auch die Herabsetzung der vorgeschriebenen Mindesttemperatur in Wohnungen sein könne, antwortete Habeck: „Wir werden uns alle Gesetze, die dort einen Beitrag leisten, anschauen.“ Zusammen mit zahlreichen Verbänden hat Habeck zum Energiesparen aufgerufen und im Juni die neue Energiewechsel-Kampagne gestartet. Neben praktischen Energiespartipps für den Alltag informiert sie über Förderprogramme und Beratungsangebote.

Interview mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den Tagesthemen am 16.06.2022

GdW: Maximal 18 Grad, nachts 16 Grad

Eine Änderung der aktuellen Gesetzeslage zu der Mindesttemperatur beim Heizen fordern auch die Vertreter der Immobilienverbände. „Sollten die Gaslieferungen nach Deutschland künftig weiter deutlich eingeschränkt werden und es zu einer Mangelsituation kommen, sollte der Rechtsrahmen so angepasst werden, dass weitere Absenkungen der Mindesttemperatur auf eine maximale Untergrenze von 18 Grad tagsüber und 16 Grad nachts möglich werden,“ teilte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) mit. Der GdW vertritt nach eigenen Angaben Wohnungsunternehmen, die insgesamt sechs Millionen Wohnungen mit über 13 Millionen Mietern verwalten.

Vergleichsweise kleines Opfer

Dieser Forderung schloss sich am Freitag (17.06.) der Deutsche Städte- und Gemeindebund an. In der „Rheinischen Post“ sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg zu der Vermieter-Pflicht, eine Temperatur von 20 bis 24 Grad zu gewährleisten: „Das muss geändert werden. Auch eine Wohnung mit 18 oder 19 Grad kann noch gut bewohnt werden und dieses vergleichsweise kleine Opfer sollten alle mittragen können.“

"Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig"

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) widersprach solchen Forderungen am Freitag (17.06.): „Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig“, sagte Geywitz der Deutschen Presse-Agentur. Eine Absenkung der Raumtemperatur könne gesundheitsgefährdend sein und sei auch gebäudetechnisch zu kurz gedacht, so die Ministerin. Die SPD-Politikerin wiederholte ihre Aussage anschließend in einem Post beim Kurznachrichtendienst Twitter.

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Klara Geywitz

Risiken bei Absenkung der Mindesttemperatur in der Wohnung

Tatsächlich erhöht sich mit kalten Raumtemperaturen das Risiko für Schimmelbildung, da sich durch bei dauerhaft niedrigeren Raumtemperaturen mehr Feuchtigkeit an Wänden und Decken niederschlägt.

Gesundheitsrisiko durch Schimmelbildung 

Vermieter könnten für den Schimmelschaden dann sogar die Mieter in die Verantwortung nehmen – während diese den Gesundheitsgefahren durch Schimmel ausgesetzt sind. Ebenso könnten Mieter wiederum einen Mietmangel geltend machen und Mietminderung fordern.

Mehr Energieverbrauch

Zudem würde beispielsweise eine radikale Nachtabsenkung der Heiztemperatur sogar zu mehr Energieverbrauch führen, weil Mieter die ausgekühlte Wohnung am Morgen wieder aufheizen müssen. 

Noch höhere Energierechnungen

Und was passiert, wenn frierende Mieter mit zusätzlichen, strombetriebenen Heizgeräten gegen die Kälte anheizen? Der Energieverbrauch und die ohnehin schon hohen Energiekosten würden noch weiter steigen. 

 

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Mieterbund fordert Entlastungen statt Temperaturabsenkungen

Mieterverbände erteilten den Plänen zur Absenkung der Mindesttemperatur – auch mit Hinblick auf die hohen Energiekosten- eine klare Absage. „Mieterinnen und Mieter brauchen jetzt Rechtssicherheit und zielführende Entlastungsmaßnahmen für die bevorstehende Nebenkostenabrechnung anstatt staatlich angeordneter Temperaturabsenkungen“, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten.

Wohnst Du noch oder frierst Du schon?

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Andreas Breitner

Drastischer formulierte es Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW): „In einer Krisensituation wie der jetzigen muss die eigene Wohnung als Rückzugsort in jeder Hinsicht sicher sein. Der Vorschlag, die Wohnungstemperatur zu reduzieren, ist nicht zielführend. ‚Frieren-für-den-Frieden‘ klingt nicht nur zynisch, sondern ist es auch. ‚Wohnst Du noch oder frierst Du schon?‘, bin ich versucht, Klaus Müller zu fragen. (red.)

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