BGH-Urteil: Vermieter dürfen Kosten für einen Kabelanschluss bei Bestandsverträgen als Betriebskosten umlegen. Mieter können den Kabelanschluss nicht separat kündigen.
Der für das Wettbewerbsrecht zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat ein Grundsatzurteil zum sogenannten Nebenkostenprivileg gefällt. Demnach kann in Mietverträgen über Wohnraum vereinbart werden, dass Mieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an einen vom Vermieter zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Breitbandkabelanschluss gebunden werden. (BHG Az. I ZR 106/20).
Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerb
Für private Vermieter, Hausverwaltungen und Wohnungsbaugesellschaften bedeutet das: Die Kosten für einen Kabelanschluss dürfen bei bestehenden Verträgen weiterhin über die gesamte Mietdauer als Betriebskosten auf betreffende Mieter umgelegt werden. Mieter können diesen Kabelanschluss nicht kündigen, gleichgültig ob sie ihn nutzen oder nicht. Eine Änderung dieser Regelung tritt erst mit dem neuen Telekommunikationsgesetz (TKG) ab 01.12.2021 in Kraft (s.u.).
Hintergrund des Urteils ist eine Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. Sie ist der Ansicht, dass die verpflichtende, unbefristete Bindung der Mieter gegen §43b TKG verstößt. Dort heißt es, dass die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten nicht länger als 24 Monate sein darf. Ziel der Klage war, dass Mieter den Anschluss unabhängig vom Mietvertrag kündigen können.
Dauerhafte Bindung der Mieter verstößt nicht gegen noch gültiges TKG
Geklagt hatte die Zentrale gegen eine der größten Wohnungsbaugesellschaften in Nordrhein-Westfalen mit über 120.000 Wohnungen, die ihren Mietern entsprechende Betriebskosten für Kabelanschlüsse auferlegt. Eine Kündigung des Kabelanschlusses während der Laufzeit des Mietvertrages ist ihnen derzeit nicht möglich. Zudem argumentierten die Wettbewerbsschützer, dass durch die Regelung Anbieter alternativer Übertragungswege wie etwa Streamingdienste im Nachteil seien. Das sei wettbewerbswidrig.
Wie schon zuvor das Landgericht Essen sowie das Oberlandgericht Hamm sah der BGH das nicht so. In der Urteilsbegründung heißt es dazu u. a.: „Aus der Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Regelungen geht hervor, dass der Gesetzgeber große Wohnungsbaugesellschaften, die mit Kabel-TV-Anschlüssen ausgestattete Wohnungen vermieten und die Kosten des Kabelanschlusses als Betriebskosten auf die Mieter umlegen, nicht in den Geltungsbereich des § 43b TKG einbeziehen wollte.“ Zudem führten die Richter aus, dass in den mit den Mietern geschlossenen Mietverträgen keine 24 Monate überschreitende Mindestlaufzeit vereinbart sei, sondern Mieter die Mietverträge- und damit auch den Kabelanschluss- stets fristgerecht kündigen könnten. Deshalb sei § 43b TKG in diesem Fall nicht anwendbar.
Kabelanschluss Betriebskosten: Wichtige Änderung ab 01.12.2021
Zwar hat der BGH mit dem Urteil die aktuellen gesetzlichen Regelungen bestätigt. Diese ändern sich aber schon bald: Am 01. Dezember 2021 tritt das reformierte Telekommunikationsgesetz in Kraft. Dann ist die unbefristete Bindung der Mieter an einen Kabelanschluss durch den Vermieter nicht mehr möglich. Verbraucher können dann an Mietverträge gekoppelte Verträge zu Telekommunikationsdiensten nach 24 Monaten beenden wenn diese als Betriebskosten abgerechnet werden. Aufgrund einer im Gesetz verankerten Übergangsfrist können Mieter bestehender Verträge aber erst zum 30.06.2024 kündigen. (red.)
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